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Tagebuch Charles Wesleys :

Tagebuch Charles Wesleys Vorwort

Der diesjährige 300. Geburtstag Charles Wesleys, des Mit-Inspirators und -Initiators der anglikanisch-methodistischen Reformbewegung im Großbritannien des 18. Jahrhunderts, gibt weltweit Anlass zu Publikationen, die auch weniger bekannte Begabungen dieses vielseitigen Mannes vorstellen. Genannt seien hier exemplarisch Charles Wesley - Die Predigten. Deutsche Auswahlausgabe, sieben Predigten, übersetzt und kommentiert von Martin E. Brose (Göttingen 2007), wie auch die von der Charles Wesley Society herausgegebene Faksimile Ausgabe der Hymns and Sacred Poems, published by John and Charles Wesley 1739, mit einer Einführung und Kommentaren von Paul W. Chilcote (Madison/NJ 2007), und das dieser Monographie zugrunde liegende The Manuscript Journal of the Rev. Charles Wesley, M.A., herausgegeben von ST Kimbrough, Jr. und Kenneth G. C. Newport (Nashville/TN 2007).
Der anglikanische Pfarrer Charles Wesley war als Reiseprediger und Liederdichter maßgeblich an der Ausbreitung der methodistischen Bewegung beteiligt. Dennoch stand er bislang eher im Schatten seines Bruders John, der die Bewegung seelsorglich leitete, praxisorientiert organisierte, gleichzeitig strukturell verbindlich und flexibel gestaltete.
Charles Wesley wurde auch wissenschaftlich bislang nur in wenigen Publikationen gewürdigt. Die genannten neuesten Veröffentlichungen belegen weitere faszinierende Seiten dieses überwiegend wegen seiner herausragenden geistlich-lyrischen und musischen Begabung bekannten „Kirchenlieder-Dichters des Methodismus“, wie ihn Martin Brose in seiner Studie Zum Lob befreit. Charles Wesley und das Kirchenlied vorgestellt hat (BGEmK 45, Stuttgart 1997).
1992 veröffentlichte die Studiengemeinschaft für Geschichte der Evangelisch-methodistischen Kirche in ihrer damaligen Reihe der Beiträge (BGEmK 42) Martin Broses Übersetzung und Kommentar der Tagebucheinträge Charles Wesleys aus dem Jahre 1738. Jenes Jahr, in dem die beiden Brüder John und Charles Wesley die ihr Leben verändernde Erneuerung durch Gottes Gnade erfahren hatten, wurde bahnbrechend für die Ausweitung ihres evangelistischen und sozialen Engagements, durch das sie - ihrem ganzheitlichen Heiligungsverständnis entsprechend - zusammen mit anderen „soziale Heiligung über das Land verbreiteten“.
Mit der Übersetzung und Kommentierung der hier vorliegenden historischen Quelle, der Tagebucheinträge der Jahre 1736 bis 1738, weitet sich der Blick auf die der geistlichen Wende vorangehenden Ereignisse und Entwicklungen, die auch die entscheidenden Einflüsse durch Begegnungen mit pietistischen Gruppierungen aus Halle und Herrnhut in der Kolonie Georgia sowie in England einschließt.
Mit dem Jahr 1736 beginnen die heute noch erhaltenen Tagebücher Charles Wesleys, die er, kombiniert mit verschiedenen weiteren Schriftstücken, als „Auszüge“ aus seinen Tagebuchnotizen von 1736 bis 1756 in chronologischer Folge für seine Frau zusammengestellt hat.
Martin E. Brose beschäftigt sich nun schon seit Jahrzehnten mit Charles Wesley. Er versteht es, sich diesem ihn faszinierenden Kirchenvater des Methodismus kirchenhistorisch und frömmigkeitsgeschichtlich zu nähern; als Musiker kann er aber auch dessen Lieder würdigen, die die Inhalte methodistischer wie reformatorischer Theologie verständlich und singbar vermitteln wollen.
Die Beschäftigung mit Charles Wesleys Tagebucheinträgen öffnet den Blick in das konfliktreiche Seelenleben eines frommen, auf sein Glaubensleben bedachten Menschen, der - neben allem Alltäglichen – beständig um eine enge Gottesbeziehung bemüht ist, dabei aber nicht vor Zweifeln und Ängsten bewahrt bleibt. Die Spannung zwischen innerer Zerrissenheit und Unruhe einerseits und einer vertrauensvollen Beziehung zu dem ihn liebenden Schöpfer andererseits kann den heute Fragenden und Suchenden Mut machen und sie dadurch entlasten, dass sie in Charles Wesleys Liedern ihren eigenen Glaubenskampf, aber auch Wege zu einem erneuerten Vertrauen zu Gott finden. Gemeinsame Erfahrungen der Hilflosigkeit und der Rettung können auch über Jahrhunderte hinweg eine Brücke schlagen. Eine solche Erfahrung sei auch den Leserinnen und Lesern gewünscht!
Martin Brose danken wir für seine akribische und gleichzeitig hilfreich erläuternde Arbeit, die die Kenntnis und das Verstehen der Person Charles Wesley wie seines Werks für eine deutschsprachige Leserschaft beachtlich erweitern. Nebenher verschaffen die detailreichen Situationsbeschreibungen Charles Wesleys auch einen lebendigen Einblick in seine Zeitverhältnisse, die zum Teil in ihrer Problematik fast zeitlos erscheinen (gesellschaftliche Intrigen, das Wechselspiel von Macht und Ohnmacht, Vertrauen und Enttäuschung gekoppelt mit dem Zusammentreffen unterschiedlicher Charaktere, politisches Taktieren an Kriegsschauplätze etc.). Eingefügte Bilder sowie angehängte Register und ein Literaturverzeichnis bieten einen schnellen Überblick über Daten und Namen wie auch die Chance der thematischen Weiterarbeit.
Ein Dank gilt schließlich auch Marco Stamm, Student am Theologischen Seminar Reutlingen, der mit viel Fleiß und Sorgfalt die Formatierung und Korrekturlesearbeiten dieser Monografie ausgeführt hat.

Ulrike Schuler
Reutlingen, im Oktober 2007

 

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